Persönlichkeitspsychologie & Pädagogische Psychologie
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Zehnjährige Längsschnitt-Evaluationsstudie zum baden-württembergischen G8-Modellversuch (MKS Baden-Württemberg): 1992-2002

Das G8-Projekt betrifft eine über zehn Jahre längsschnittlich angelegte Evaluationsstudie zu einem gymnasialen Begabtenförderprogramm (Spezialklassen) in Baden-Württemberg. Dieses Förderprogramm realisierte neben der Akzeleration (curriculum compressing) auch ein Enrichment und ermöglichte (hoch)begabten Schülerinnen und Schülern, das Abitur ohne Niveauverflachung nach acht (G8) anstelle der üblichen neun Jahre (G9) Schulzeit am Gymnasium zu erlangen. Ab der Klasse 5 (nach Aufnahmeprüfung) wurden die Schülerinnen und Schüler bis zur Klasse 10 in eigenen Klassen unterrichtet. Sie übersprangen „formal“ die Klasse 11 und nahmen den Unterricht der Klassen 12 und 13 in den regulären Abiturklassen wahr (zentrale Abiturprüfungen). Die Evaluationsstudie untersuchte die Persönlichkeits- und Leistungsentwicklung der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler sowie die schulischen Lernumfeldbedingungen im G8 vs. G9 aus der Sicht der Schüler/innen. Die ersten drei Einschulungsjahrgänge des G8-Förderprogramms an vier Schulen bildeten die Evaluations- bzw. Experimentalgruppen (EG). G9-Klassenverbände (ohne Selektionskriterium) aus zwei regulären, neunjährigen Gymnasien, die in das Förderprogramm nicht involviert waren, bildeten die Kontrollgruppen (KG).

Die Entwicklungsverläufe der am Förderprogramm teilnehmenden Schülerinnen und Schüler im kognitiven, motivationalen, leistungsemotionalen und Performanz-Bereich (Schulleistungen) können insgesamt als sehr positiv bewertet werden; etwaige negative Entwicklungen waren nicht festzustellen. Bereits zu Beginn der gymnasialen Karriere beobachtbare EG/KG-Unterschiede in den kognitiven Fähigkeits- und Schulleistungsvariablen (zugunsten der G8-Schüler/innen) vergrößerten sich mit zunehmender Beschulungsdauer, was u.a. als Fördereffekt interpretiert werden kann.

In der Beurteilung subjektiv erlebter Unterrichtsaspekte differierten die beiden Schülergruppen (im Förderprogramm vs. in der Kontrollgruppe) nur geringfügig. So bewerteten die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse des G8-Förderprogramms das Verhalten ihrer Lehrkräfte und das allgemeine Mitarbeitsniveau tendenziell positiver. Die Vorhersage der untersuchten Leistungsindikatoren Schulleistung, Schulunlust und Unterrichtsbeteiligung aus den subjektiven Unterrichtsbewertungen gelang für beide Schülergruppen nur moderat. Im Förderprogramm scheint hierfür allerdings dem individuell unterstützenden Lehrerverhalten ein deutlicheres Gewicht zuzukommen als spezifischen Aspekten der Unterrichtsmethodik oder Didaktik. Insgesamt lassen sich die Evaluationsbefunde im Einklang mit dem ATI-Modell (Fit zwischen individuellen Begabungsvoraussetzungen und entwicklungsförderlichen sozialen Lernumwelten) interpretieren. Ausführlicher vgl. Heller & Rindermann (1999), Heller, Reimann & Rindermann (2000), Heller (2002), Reimann & Heller (2004), Heller, Rindermann & Reimann (2010) u.a.

 

Publikationen:

Heller, K.A. & Rindermann, H. (1999). Hochbegabung, Motivation und Leistungsexzellenz: Aktuelle Forschungsbefunde zum achtjährigen Gymnasium in Baden-Württemberg. In Th. Fitzner, W. Stark, H.P. Kagelmacher & Th. Müller (Hrsg.), Erkennen, Anerkennen und Fördern von Hochbegabten (S. 81-107). Stuttgart: Klett.

Heller, K.A., Reimann, R. & Rindermann, H. (2000). Evaluationsbefunde zum Gymnasium mit achtjährigem Bildungsgang in Baden-Württemberg. Pädagogisches Handeln, 4, 9-15, 33-36.

Heller, K.A. (2001). Bildungszeit und Begabungsförderung. Das Gymnasium in Bayern. Zeitschrift des Bayerischen Philologenverbandes, Heft 8/9 (Aug./Sept.) 2001, 6-10 u. 14.

Heller, K.A. (Hrsg.). (2002). Begabtenförderung im Gymnasium. Ergebnisse einer zehnjährigen Längsschnittstudie. Opladen: Leske + Budrich.

Heller, K.A. (2002). Bildungsempfehlungen für die Förderung besonders befähigter Gymnasialschüler. In K.A. Heller (Hrsg.), Begabtenförderung im Gymnasium (S. 235-254). Opladen: Leske + Budrich.

Heller, K.A. (2002). Untersuchungsauftrag für die wissenschaftliche Begleitforschung. In K.A. Heller (Hrsg.), Begabtenförderung im Gymnasium (S. 37-52). Opladen: Leske + Budrich.

Heller, K.A. & Reimann, R. (2002). Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung zum G8-Modell in Baden-Württemberg. LVH aktuell, Nr. 9/2002, 12-18 u. Nr. 10/2003, 3-4.

Heller, K.A. & Reimann, R. (2002). Theoretical and Methodological Problems of a 10-Year-Follow-Up Program Evaluation Study. European Journal of Psychological Assessment, 18, 229-241.

Heller, K.A., Reimann, R. & Rindermann, H. (2002). Theoretische und methodische Grundlagen der Evaluationsstudie. In K.A. Heller (Hrsg.), Begabtenförderung im Gymnasium (S. 53-80). Opladen: Leske + Budrich.

Heller, K.A., Neber, H., Reimann, R. & Rindermann, H. (2002). Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse. In K.A. Heller (Hrsg.), Begabtenförderung im Gymnasium (S. 217-234). Opladen: Leske + Budrich.

Heller, K.A. (2003). Das Gymnasium zwischen Tradition und modernen Bildungsansprüchen. Zeitschrift für Pädagogik, 49, 213-234.

Reimann, R. & Heller, K.A. (2004). Das achtjährige Gymnasium mit besonderen Anforderungen (G8) als Paradigma für schulische Akzelerationsprogramme zur (Hoch-)Begabtenförderung – Methoden und Ergebnisse einer zehnjährigen Längsschnitt-Evaluationsstudie. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 51, 8-23.

Heller, K.A. (2008). Evaluationsbefunde zum baden-württembergischen Akzelerationsmodell „Achtjähriges Gymnasium (G8) mit besonderen Anforderungen“ (1992-2001). In K.A. Heller, Von der Aktivierung der Begabungsreserven zur Hochbegabtenförderung. Forschungsergebnisse aus vier Dekaden (S. 199-214). Berlin: LIT.

Rindermann, H. & Heller, K.A. (2005). The Benefit of Gifted Classes and Talent Schools for Developing Students’ Competencies and Enhancing Academic Self-Concept. German Journal of Educational Psychology / Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 19, 133-136.

Heller, K.A., Rindermann, H. & Reimann, R. (2010). A State-Wide Acceleration Program at the German Gymnasium. In K.A. Heller (Ed.), Munich Studies of Giftedness (pp. 477-487). Berlin: LIT.