Mobbingforschung
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Maßnahmen des Opfers

1. Schikanen von Mitschülern
2. Untätigkeit der Schule
3. Untätigkeit der Eltern
4. Aufsuchen neutraler Stellen
5. Hilfe durch Mitschüler

1. Schikanen von Mitschülern
  Das Kind sollte auf jeden Fall den Vorfall den Eltern, dem Klassenlehrer und ggf. der Schulleitung melden. Die Eltern sollten die Mitteilungen des Kindes dokumentieren (schriftliche Notizen). Wenn dem Kind Körperverletzungen oder Eingriffe in seine Eigentumsrechte drohen, kann es sich jedem rechtswidrigen Angriff durch eigene Notwehr in Wahrnehmung seines ureigenen Rechts auf Selbstverteidigung erwehren, notfalls durch „Kratzen, Beißen und Treten“. Wenn das Kind noch nicht 14 Jahre alt ist, kann es bei einem Überschreiten seines Notwehrrechts strafrechtlich nicht belangt werden, ein älteres Kind muss auf die Verhältnismäßigkeit achten, es darf also nicht mit einem Messer zustoßen, wenn ihm ein Apfel aus der Hand gerissen werden soll.
2. Untätigkeit der Schule
  Wenn die Schule nichts unternimmt oder wenn das Mobbing zunimmt, wird das Kind seine Eltern hiervon unterrichten, damit sie in geeigneter Weise vorgehen können. Auf die Ausführungen im Bereich Eltern » 3. wird verwiesen.
3. Untätigkeit der Eltern
  Wenn die Eltern nichts unternehmen, kommt das Kind in eine sehr heikle Situation. Es kann sich an seinen Klassenlehrer wenden oder an irgendeine andere Peron seines Vertrauens, die sich ihrerseits wegen eventueller Verletzungen des Personensorgerechts durch die Eltern zB an das Jugendamt wendet (siehe § 1631 Abs. 3, § 1666 BGB in Verbindung mit § 50 Abs. 1 S. 1 SGB VIII). Das Kind kann – selbstverständlich – auch zu allen Ämtern und Behörden gehen, auch zur Polizei, diese werden dann stets von Amts wegen tätig werden, und sei es auch nur so, dass sie das Kind an die zuständige Stelle verweisen, zB an das Jugendamt. Ferner kann sich das Kind an die oben bei Rn. 1 genannten Adressen wenden und im Internet versuchen, weitere Einrichtungen zu finden, die seinem Wohnort am nächsten gelegen sind. Sollte das Mobbingtelefon („Hotline“) eingerichtet sein, wird es zum Telefon greifen und sich weiteren Rat holen. Ferner kann sich das Kind an die Schülervertretung wenden.

Besonders wichtig ist, dass ab dem 01.07.1998 gemäß § 50 FGG dem Kind ein Pfleger beigeordnet werden kann(„Anwalt des Kindes“). Dieses neue Verfahren entspricht dem Beteiligungsgebot gemäß Art. 12 Abs. 2 der UN – Kinderrechtskonvention. Wegen der Einzelheiten siehe hierzu bei Oelkers, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 2000 ISBN 3-8240-0392-9, bei Paragraph 1 Rn. 367, sowie, wegen des Textes der Kinderrechtskonvention, bei § 11 zu B, Seite 431.
4. Aufsuchen neutraler Stellen
  Jedes Kind kann sich an jede beliebige neutrale öffentliche Instanz wenden, um dort Hilfe zu erhalten, insbesondere also an alle Beratungsstellen, an Psychologen, an Ärzte und an Rechtsanwälte usw. Alle diese Stellen werden dann, wenn sie nicht unmittelbar Hilfe leisten können, das Kind an die zuständigen öffentlichen Instanzen weiterverweisen, damit das Erforderliche veranlasst werden kann. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die durch § 50 FGG eröffnete Möglichkeit hingewiesen, einen Verfahrenspfleger als „Anwalt des Kindes“ bestellen zu lassen. Für die Bestellung eines Verfahrenspflegers in diesem Sinne reicht es bereits aus, dass ein Interessengegensatz zwischen Kind und Eltern besteht, es ist nicht erforderlich, dass dieser Interessengegensatz sich bereits herausgebildet hat oder mit Sicherheit vorhersehbar ist.
Der „Anwalt des Kindes“ wird dem Kind vom Gericht beigeordnet. Er erhält eine Vergütung aus der Staatskasse und ist wie ein Vormund zu entschädigen. Das ist eine erhebliche Verbesserung der Rechtslage; denn es bleibt zwar bei dem Grundsatz, dass ein nicht geschäftsfähiges Kind mit einem Rechtsanwalt keinen wirksamen Beratungsvertrag schließen kann. Die hierdurch bedingte Lücke im Rechtsschutz des Kindes, das von seinen Eltern gewissermaßen im Stich gelassen wird, wird durch die neue Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers sinnvoll geschlossen. Dieser Anwalt kann in schweren Fällen auch darauf hinwirken, dass den Eltern das Personensorgerecht entzogen wird. Vgl. wegen aller Einzelheiten bei Oelkers, a.a.O. Rn. 367 bis 375.
5. Hilfe durch Mitschüler
  Die Mitschüler können sich an alle in dem vorliegenden Text häufig erwähnten Stellen wenden, die sie für geeignet halten, insbesondere auch an die Schülervertretung. Die Mitschüler „müssen“ aber nichts unternehmen, ausgenommen in den Fällen, in denen ihnen nach § 323c StGB in Unglücksfällen eine „unterlassene Hilfeleistung“ strafrechtlich angelastet werden könnte. Dies werden nur seltene Fälle sein, auch wird die Schuldfähigkeit des Mitschülers oder der Mitschüler verlangt (grundsätzlich ab 14 Jahren). In einem aktuellen Mobbingfall dürfen Mitschüler dem angegriffenen Kind auf der Grundlage des Notwehrrechts die sog. Nothilfe leisten. D.h. sie dürfen mit körperlicher Gewalt eingreifen und versuchen, dem Mobbing ein Ende zu setzen. Verpflichtet sind sie zu alledem nicht, abgesehen von der erwähnten „unterlassenen Hilfeleistung“ im Sinne des StGB.